Die Corona-Krise hat deutliche negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Der Umstieg auf tele-psychotherapeutische Behandlungen hat sich bewährt, wie Umfragen unter PsychotherapeutInnen und PatientInnen zeigen. Die Analyse liefert auch wichtige Ergebnisse für die Versorgung nach der Pandemie. Für die überwiegende Mehrheit der PsychotherapeutInnen und PatientInnen in Österreich war es der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser: Mit Ausbruch der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen wurden tele-psychotherapeutische Behandlungen erstmals auf breiter Basis durchgeführt. Unter Tele-Psychotherapie versteht man den Einsatz psychotherapeutischer Methoden bei Überbrückung räumlicher oder auch zeitlicher Distanz zwischen PsychotherapeutIn und PatientIn . Der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) und die Donau-Universität Krems haben mittels Umfragen unter mehr als 1800 PsychotherapeutInnen und 100 PatientInnen im Verlauf der Pandemie erhoben, welche Auswirkung dieser Umstieg auf die Versorgung und die Betroffenen hatte. Tele-Psychotherapie wird positiv bewertet Die Ergebnisse zeigen, dass PsychotherapeutInnen die Behandlung über Telefon oder via Internet positiver bewerten als sie es erwartet hätten, allerdings ist diese Form des Kontaktes nicht 1:1 vergleichbar mit einer persönlichen Anwesenheit. PatientInnen wiederum erleben den Unterschied weniger stark als die Berufsgruppe und kommen mit den tele-psychotherapeutischen Möglichkeiten gut zurecht. Dies entspricht Studien aus anderen Ländern: PatientInnen sind in dieser Hinsicht offenbar aufgeschlossener. Die Vorsicht bei PsychotherapeutInnen kann mit ihrer Ausbildung zusammenhängen, die sich bei den meisten rein auf die Psychotherapie in persönlicher Anwesenheit konzentriert. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die österreichische Internet-Richtlinie für PsychotherapeutInnen gegen eine Behandlung via Internet ausspricht. Insgesamt sind Psychotherapien in persönlicher Anwesenheit drastisch zurückgegangen (von durchschnittlich 13,45 Sitzungen pro Woche auf 2,6 pro Woche ), wobei der Anstieg von Tele-Kontakten diesen Einbruch nicht kompensieren konnte. „Der großflächige Einsatz von Tele-Psychotherapie war ein echtes Novum. Umso erfreulicher sind die wirklich guten Erfahrungen, die auf beiden Seiten gemacht wurden. Durch die technischen Möglichkeiten ist gewährleistet, dass alle Menschen in Österreich durchgehend psychotherapeutische Behandlung erhalten können - egal in welchem Bundesland, egal unter welchen Covid-Einschränkungen", resümiert Barbara Haid, Studienautorin und Präsidiumsmitglied im ÖBVP. Nachsatz: „Auch nach der Pandemie sollte es für PsychotherapeutInnen möglich sein, einen gewissen Anteil ihrer Behandlungen auf diese Weise durchzuführen und mit der Sozialversicherung abzurechnen. Die face-to-face Psychotherapie soll aber immer der zentrale Bestandteil eines psychotherapeutischen Gesamtbehandlungsprozesses sein.“
Ähnlich fällt die Einschätzung von Univ. Prof. Dr. Thomas Probst, Professor für
Psychotherapiewissenschaften an der Donau-Universität Krems und Studienautor,
aus: „Es gibt eine Reihe an evidenzbasierten tele-psychotherapeutischen
Methoden v.a. gegen Depression und Angst, die helfen können, die hohe
psychische Belastung während der Pandemie zu reduzieren.
Psychotherapeutische Methoden könnten in Zukunft auch innovativ eingesetzt
werden, z. B. am Smartphone aber auch in den Medien (Radio, TV) oder Schulen,
und so den Großteil der Bevölkerung erreichen“.
Tele-psychotherapeutische Behandlungen können erhöhte psychische
Belastung der Bevölkerung reduzieren
Schon vor der Corona-Pandemie wurden international zahlreiche Studien
durchgeführt, die die Wirksamkeit von tele-psychotherapeutischen Behandlungen
zeigen. Die Effektivität war vielfach vergleichbar mit Psychotherapien im direkten
persönlichen Kontakt. Der Vorteil von Tele-Psychotherapie ist, dass der Großteil
der Bevölkerung Zugang hat. Ein Telefonat mit entsprechenden Kontaktstellen
oder das Aufrufen eines Selbsthilfeprogramms im Internet sind für die meisten
leicht möglich und bieten Anonymität. Bei Internet-basierten Selbsthilfeprogrammen sowie bei Smartphone-Applikationen raten die ExpertInnen jedoch zur Vorsicht. Hier sei eine kompetente Unterstützung bei der Auswahl sehr wichtig, da in vielen Fällen die wissenschaftliche Basis fehle.
Zur Studie
Die Donau-Universität Krems und der Österreichische Bundesverband für
Psychotherapie (ÖBVP) haben im vergangenen Jahr drei Befragungen
durchgeführt: Die erste mit 1.547 PsychotherapeutInnen im April 2020, die zweite
mit 222 PsychotherapeutInnen im Sommer 2020 und die dritte mit 139
PatientInnen im Sommer 2020. Die zahlreichen daraus entstandenen
Publikationen sind hier deutschsprachig zusammengefasst:

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