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AutorenbildBrigitte Heller

Mein Leben mit paranoider Schizophrenie

Ich bin Michaela, bin 30 Jahre alt, habe einen 25h Job und eine Beziehung und viele Freunde. Der Weg zu meinem derzeitigen Leben war von vielen Tiefen geprägt seit meinem ersten Aufenthalt in der Psychiatrie vor 5 Jahren.


Ich muss auch erwähnen, dass mein Vater sich das Leben nahm als ich 5 Jahre alt war. Für mich bedeutet das, dass er wohl auch mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte, doch genaues weiß ich leider nicht. Vor fünf Jahren überschlugen sich meine Gedanken und Gefühlswelt dramatisch, da ich sehr unzufrieden mit meinem Job war und sehr unter Druck gesetzt wurde. Ich begann in Gasthäusern Gesprächsfetzen "aufzuschnappen" wo es um mein Versagen in der Arbeit ging die Leute dort, die mir fremd waren, schienen alles über mich zu wissen und redeten sehr abschätzig über mich und meine Arbeit.


Weiters konnte ich Gerüche wahrnehmen, die sonst keiner wahrnahm. Angehörige meiner Familie schienen plötzlich abschätzige Anspielungen auf mein Wesen zu machen und lachten mich aus. Ich stellte ihnen Fragen was sie denn meinten, die waren natürlich verwirrt, denn sie hatten nichts dergleichen gesagt in der Realität. Als sich alles zuspitzte habe ich meinem damaligen Freund unter Tränen alles erzählt, ich hielt das alles nicht mehr aus und er erwischte mich dabei wie ich einen Abschiedsbrief schreiben wollte. Ich wollte mir das Leben nehmen.


Verzweifelt versuchte er einen Psychiater ausfindig zu machen der Dienst hatte. Doch es war an einem Samstag und ich brauchte schnelle Hilfe, schließlich brachte er mich in die Psychiatrie. Die Ärzte waren sich nicht sicher welche Krankheit ich hatte, denn ich erzählte ihnen nichts von meinen paranoiden Wahrnehmungen, da ich dachte sie seien real und nichts ungewöhnliches, das war meine Realität.


Schließlich bekam ich die Diagnose schwere Depression mit psychotischer Symptomatik. Ein paar Monate später nach Einnahme von Antidepressiva hatte ich mich erholt, ich glaubte fest daran dass ich eine Depression hatte und dass das nicht mehr vorkommen wird. Ich fühlte mich gut, wechselte den Job und den Wohnort. Bis zu dem 14. Oktober 2017. Ich und mein damaliger Freund hatten einen Motorradunfall, das Resultat hiervon für mich waren ein gebrochenes Sprunggelenk und 8 Wochen ein eingegipstes Bein. Ich wollte dennoch arbeiten und ließ mir eine Homeoffice Möglichkeit einrichten. Zu dem Zeitpunkt nahm ich keine Antidepressiva mehr. Ich Arbeitete ca. 12h täglich am Computer, stand nachts sogar auf um Fehler in meiner Arbeit zu suchen denn meine Gedanken fingen an stark zu kreisen und konnte nicht mehr schlafen und schon wieder suchten mich Schuld Gefühle heim. Mein Freund versuchte mich zu Bremsen. Ich könnte jetzt alle meiner Wahrnehmungen erzählen aber dann würde ich morgen noch da sitzen und schreiben. Wieder glaubte ich verbale Angriffe zu hören. Als mir der Gips abgenommen wurde glaubte ich, ich sei in einem Konzentrationslager und werde jetzt vergast. In der Zeitung schienen Artikel über mich geschrieben zu sein. Ich war starr vor Angst und konnte keinen vollständigen Satz mehr aussprechen. Mein damaliger Freund bat mich Hilfe zu organisieren. Ich meldete mich beim Kriseninterventionsteam.


Dieses Mal war ich offener und erzählte was ich glaubte wahrzunehmen. Sie rieten mir dringend in eine Klinik zu fahren die sie mir empfohlen hatten. Dort angelangt wurde ich abgewiesen, ich sollte in die Klinik in meinem Bezirk untergebracht werden. Allerdings wollte ich dort nicht hin, weil ich große Angsterfahrungen bei meinem letzten Aufenthalt gemacht habe mit meinen Mitpatienten. Damals dachte ich, dass ich nicht psychisch krank sei, die Ärzte mir auf die Schliche kämen und ich bestraft werden würde mit Geld und Gefängnisstrafen.


Wir fuhren weiter in eine sehr namenhafte psychiatrische Einrichtung, dieses Mal waren ein paar meiner Freunde dabei. Doch auch dort wurde ich abgewiesen da ich nicht akut selbstmordgefährdet war ihrer Ansicht nach. All dieses hin und her und mein äußerst wirrer Zustand, vor allem wenn ich von meinen Eindrücken erzählte, waren eine riesige Belastung für meinen damaligen Freund und er war völlig überfordert, seine Liebe ein zweites Mal so erleben zu müssen. Bevor der Unfall geschehen war, hatten wir uns eine gemeinsame Zukunft mit Haus und Kindern geplant, denn wir waren seit 7 Jahren zusammen. Doch in diesen Monaten der geistigen Umnachtung entfernte er sich immer weiter emotional von mir. Schließlich landete ich wieder in der Psychiatrie, wo ich schon gewesen war. Schon wieder hatte ich unheimliche Angst vor den Mitpatienten. Ich wurde bald wieder Heim geschickt. Doch mein Freund hielt meine Gegenwart nicht aus und fing an mich völlig zu ignorieren und bat mich vorübergehend zu meiner Mutter zu ziehen. In dieser Zeit wurde ich auch gekündigt. Nun fingen die Selbstmordgedanken an. Ich konnte nicht richtig sprechen, meine Schnürsenkel nicht mehr binden und hatte seltsame Lähmungen in den Beinen beim Gehen und zitterte ständig. Meine Mutter machte mir Vorwürfe, weil ich so lethargisch auf der Couch herumlungerte. Eine Freundin besuchte mich und ich sagte zu ihr, dass es besser für alle wäre, wenn ich nicht mehr leben würde. Da platzte ihr der Kragen. Gemeinsam mit mir und weiteren Freunden marschierten sie in die Psychiatrie und hielten den Ärzten eine gewaltige Standpauke sie sollten mich gefälligst aufnehmen und vernünftig therapieren denn niemand konnte für mich sorgen. Ein paar Tage später, im Februar 2018 kam der alles entscheidende Tag der mein Leben schlagartig ändern sollte: sie stellten mir ein neues Medikament vor.. Da ich das Gefühl hatte ich habe sowieso nichts mehr zu verlieren willigte ich in die Behandlung ein. Ich hatte bis dahin eine Abneigung gegen Medikamente. Langsam, ganz langsam hörte ich auf Stimmen zu hören, die vor diesen Aufenthalt äußerst bedrohlich und gefährlich waren, ich dachte der Teufel spräche zu mir und gab mir Anweisungen Menschen zu verletzen, doch ich war in diesen Situationen unfähig es in die Tat umzusetzen da ich gelähmt war vor Angst und erinnerte mich an Tipps in der Krisenintervention, Dinge zu zählen zum Beispiel. Das hat auch geholfen. Ich schweife ab. Das Medikament wirkte gegen die Stimmen doch noch immer "bewegte ich mich wie ein Zombie" wie mein damaliger Freund immer sagte. Ich konnte mir die Zähne nicht putzen da mir die nötige Motorik fehlte. Ich hatte keinen lebendigen Ausdruck mehr im Gesicht und wog nur noch 55kg bei einer Größe von 1,69cm. Ich hatte nun postpsychotische Depressionen. Mein Freund besuchte mich kein einziges Mal. Meine Familie und meine Freunde gaben mir Beistand. Meinem Freund wurde von den Ärzten erzählt, dass mir diese Veränderung bleiben könnte. Als der stationäre Aufenthalt zu Ende ging wechselte ich in die Tagesklinik. Eine Freundin und eine Sozialarbeiterin kümmerten sich um einen ehestmöglichen Reha Aufenthalt. Mein Freund teilte mir mit, dass es besser wäre wir würden uns trennen und ich sollte aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Meine große Liebe hatte mich aufgegeben. Ich dachte mir, wenn die Reha nichts bringt, werde ich mich selber umbringen. Ich wollte nicht mehr leben. Denn die einzige stumpfe Emotion die ich hatte war der Verlust meines Lebens, ohne dass es nicht lebenswert war. In der Reha angekommen, im Juni 2018 lernte ich einen jungen Mann mit schweren Depressionen kennen. Langsam merkte ich, dass ich Interesse an ihm hatte und fing wieder an in den Spiegel zu sehen, mir die Haare zu kämmen, mich zu duschen und die Zähne zu putzen. Ich konnte wieder Freude empfinden, denn ich lernte auch andere Patienten näher kennen und lernte meine Krankheit zu akzeptieren und machte Fortschritte. Meine Freundinnen hatten inzwischen ein neue Wohnung für mich organisiert in einem Ort, wo ich schon immer leben wollte, ganz zentral wo auch meine Freunde wohnten. Sie legten ein gutes Wort beim Vermieter für mich ein und er vertraute ihnen, denn er hatte Angst ich wäre eine Irre die Amok läuft, doch sie sagten ich ziehe mich völlig zurück wenn ich krank bin und werde ganz still, was auch stimmte. Am 3. August 2018 bekam ich schließlich den Schlüssel zu meiner Wohnung und zu meinem neuen Leben. Mit dem vorher erwähnten jungen Mann war ich 2 Jahre lang zusammen. Je mehr wir wieder unsere alte Persönlichkeit wieder erlangt hatten, desto mehr hatten wir uns entfremdet, aber das war auch OK so. Ich war bis Mai 2019 arbeitslos. Versuchte mich in einem Vollzeit Job doch damit überforderte ich mich. Wieder sollte ich bis zum Juli 2021 Arbeitslos sein. Zwischenzeitlich arbeitete ich in einer Einrichtung als Klient in einer Einrichtung für Personen mit psychischen Problemen ein Arbeitstrainingszentrum, doch da würde es mir schnell zu eintönig. Schließlich bekam ich meinen Job in einer Start Up Firma eines Freundes, der über alles Bescheid weiß und an mich glaubt. Ich bekomme nun alle drei Monate ein Medikament gespritzt damit werde ich auch nicht aufhören, denn es hilft mir ein normales Leben zu führen. Ich gehe sehr offen mit meiner Krankheit um und bekomme immer das Feedback, dass man mir gar nichts anmerkt, dass etwas nicht stimmen würde oder ähnliches. Ich habe eine gute Psychotherapeutin, die mich seit dem Frühjahr 2018 begleitet. Im April ist mein jetziger Freund Wolfgang zu mir gezogen. Ein solider stabiler junger Mann den ich seit meinem 15. LJ kenne. Ich habe keine Angst mehr, denn das schlimmste habe ich bereits hinter mir. Einen Alptraum aus dem ich endlich aufgewacht bin. Danke an meine Freunde an dieser Stelle, die mich nicht aufgegeben haben und dass es Medikamente gibt, die mich wieder gut leben lassen. -------------------------------------------------------------------------------------------------- Hier ein Bild, das ich vor der Diagnose meiner Erkrankung gemalt habe. Es erinnert mich an ein Körpergefühl das ich hatte, nämlich dass mir die Schädeldecke aufgeht und ich eingebunden werde.





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