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AutorenbildBrigitte Heller

Der falsche Schutz

Ein Erfahrungsexperte und sein Umgang mit dem Thema Suizid. Seit über 32 Jahren habe ich jetzt Suizidgedanken. Die ersten 15 Jahre davon

war ich mit meinen Suizidgedanken alleine, mit niemandem konnte ich

darüber reden.

Dass ich diese lange Zeit überhaupt überlebt habe, erscheint mir heute im

Nachhinein als Wunder. Und es macht mich wütend, dass mich damals keine

Hilfe erreicht hat.

Psychologen und Psychiater haben beschlossen, sich auf irgendwelche

Statistiken berufend, dass man über Selbstmord nicht schreiben und nicht

reden darf. Es könnte ja Nachahmungstaten geben.

Es ist dann aber nicht die Statistik, sondern die Realität, die bestimmt, dass

sich jährlich ungefähr 1300 Menschen in Österreich das Leben nehmen. Ich

wiederhole:

Sie nehmen ihr wertvolles Leben und vernichten es! 1300 Menschen in

Österreich jedes Jahr!

Das machen sie aber nicht, weil es irgendjemand vorher auch so getan hat,

sondern weil sie jede Hoffnung verloren haben, dass ihr Leben lebenswert

sein könnte, und sie keine der existierenden Hilfen erreicht hat, die ihnen

dabei geholfen hätte, ein lebenswertes Leben zu finden.

Als ich 2006 nach sechsjähriger Psychotherapie dann endlich doch meiner

Therapeutin die recht realen Suizidgedanken in meinem Kopf präsentierte,

glaubte ich wirklich, sie würde sofort die Rettung verständigen, die mich in

die Psychiatrie bringen würde. Das passierte natürlich nicht. Stattdessen

konnte ich endlich darüber reden.

Die Suizidgedanken verschwanden dadurch nicht. Aber das wirkliche Tun

rückte in weitere Ferne, und eben so weit weg, dass es mich heute immer

noch gibt.

In meinen Büchern schreibe ich viel über das Thema Suizid, Ich will gegen

den falschen Schutz, der über diese Materie gelegt worden ist, anschreiben.

Ich will das Tabuthema Suizid aufbrechen, aus der wahrhaftigen Dunkelheit

eines weggesperrten aber tödlichen Daseins ans Licht holen, darüber

schreiben und darüber reden, damit auch andere darüber schreiben und

darüber reden. Medial wurde diesbezüglich vom Papageno- und Werther-Effekt gesprochen. Mehr zum Papageno- und Werther-Effekt hier in diesem Artikel.



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